Diskriminierungsskandal im FC Wettswil-Bonstetten

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Diskriminierungsskandals um das Frauenfussballteam des FC Wettswil-Bonstetten, 1994, mit riesigem Medienecho.

Geschichte

Der Ablauf des Skandals beschreiben Marianne Meier und Helen Hürlimann:
"In den 1990er Jahren machten Schweizer Fussballspielerinnen vor allem abseits des Rasens von sich reden. Unter dem Titel "Sex-Skandal im Fussballklub" veröffentlichte das Boulevard-Blatt "Blick" einen Artikel, wonach das Frauenfussballteam des FC Wettswil-Bonstetten, das in der 2. Liga spielte, mit sofortiger Wirkung aufgelöst wurde. Grund dafür waren zu viele lesbische Spielerinnen im Team. In der Medienmitteilung, die in der Zeitung zitiert war, hiess es: «Der Verein wird ausgenützt für das Ausleben von abnormalen Veranlagungen»Blick vom 02.04.1994, Nr. 77, 9. Der Regionalverband pfiff zwar später den Verein zurück und annulierte die Auflösung, doch die Fussballspielerinnen waren plötzlich auch in anderen Medien und international ein Thema (vgl. Jürgmeier et al. 2008: 161f.). Nicht wegen ihrer sportlichen Leistungen, die wurden meist nicht erwähnt, aber wegen ihrer sexuellen Orientierung. In Diskussionsrunden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen musste die Präsidentin der Lesben Organisation Schweiz (LOS) erklären, dass 'lesbisch sein' nicht ansteckend und es somit auch nicht möglich sei, junge Fussballspielerinnen zu verführen. Nach dem Skandal in Wettswil legte sich das öffentliche Interesse am Frauenfussball wieder."[1]
Die LOS zeigt in ihrem Jahresbericht 1994 auf, was dies für die LOS bedeutete:
"Infolge des Diskriminierungsskandals um das Frauenteam des FC Wettswil-Bonstetten, welches mit massiv lesbenfeindlichen Argumenten aufgelöst worden war, schossen Lesben und damit die LOS mit einer Intensität ins öffentliche Bewusstsein, wie dies in der Schweiz noch nie dagewesen war. Dank der hartnäckigen Aufbauarbeit der letzten Jahre gelang es der LOS, sich als kompetente Gesprächspartnerin zu präsentieren und breiteste Medienpräsenz zu erzielen. Die damalige Pressesprecherin der LOS, Barbara Brosi, konnte in Zischtigs-Club, Sonntagsinterview, Zebra, Spiegel TV, 3Sat, Focus, Swiss Radio International, Blick, Schweizer Illustrierte und in vielen anderen Zeitungen die Sache der Lesben vertreten und die LOS als deren nationale Interessenvertretung etablieren." [2]

25 Jahre später: "Lesben - Fussball - Öffentlichkeit"

v.l. M. Marti, F. Steinemann, C. Hirt, B. Brosi, N. Herz, C. Rufli - 2019 Foto: Sabine Wunderlin

Auf Initiative von Madeleine Marti gab es am 29.11.2019 als Auftakt für das 30-jährige LOS-Jubiläum ein Podium im Frauenraum der Reitschule Bern. Auf dem Podium vertreten waren drei Frauen, die im April 1994 im Club am Schweizer Fernsehen auftraten: Barbara Brosi, Claudia Hirt und Franziska Steinemann (damals Wagner). Dazu als Vertreterin der LOS Lesbenorganisation Schweiz Nadja Herz. Moderiert wurde der Abend von Madeleine Marti und Corinne Rufli.
Das Gespräch trug den Titel "Lesben - Fussball - Öffentlichkeit. Der Diskriminierungsskandal von 1994: eine Steilvorlage für die Lesbenbewegung". Aufgrund von Ausschnitten aus der Fernsehsendung Club vom 12.4.1994 wurde diskutiert, was im April 1994 vor, während und nach der Fernsehausstrahlung passierte, persönlich aber auch für die Lesbenbewegung in der Schweiz.

Bilder

Medienberichte

Zeitungsartikel

  • Team aufgelöst - zu viele Lesben. In: Limmattaler Zeitung, x. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Sex-Skandal im Fussballklub - Zuviele Lesben - Spitzenteam wurde aufgelöst. In: Blick, 2. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Sex-Skandal - Damen Konter zu FC Wettswil-Bonstetten. In: SonntagsBlick, 3. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Protests gegen Ausschluss der Fussballerinnen. LOS nimmt Stellung. In: Tages-Anzeiger, 5. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Scherer Ilona. Meine Freundin ist Lesbe. In: Sport, 14/6.4.1994, S. 40. Als pdf verfügbar.
  • Damen-Meister zeigt Herz für "Lesben"-Team. In: Blick, 8. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Brodelnde Männerphantasien im Säuliamt. In: Der Bund, 14. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • "Lesben sind ansteckend!" ... und 6 weitere Vorurteile. In: Blick, 14. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Jetzt kommt's zum heissen Derby im Säuliamt. In: Blick, 14. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Medienrummel um Fussballerinnen. In: n.n., April 94. Als pdf verfügbar.
  • "Die Vorwürfe sind lächerlich". Tagblatt-Interview mit Franziska Wagner, Spielerin des DFC Wettswil-Bonstetten. In: Aargauer Tageblatt, 15. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Als wär's eine eklige, ansteckende Krankheit. In: WoZ, 15. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Küchler, Katrin. Keine Lesben auf dem Fussballfeld: Medienrummel um ein Schweizer Fussballfeld! In: taz, 27.04.2094. Online verfügbar auf taz.de, zuletzt aufgerufen am 29.11.2022
  • "Wir wollen einfach weiterspielen - am liebsten bei Wettswil-Bonstetten". Peter Steiger, Trainer des wegen "lesbischen Aktivitäten ausgeschlossenen Frauenfussballteams, über Ein- und Aussichten. In: o.O., o.D. Als pdf verfügbar.
  • Fussballerinnen zu Birmensdorf. Neuer Klub für Damenelf. In: Tages-Anzeiger, 13. Mai 1994. Als pdf verfügbar.
  • Frauen dürfen weiter tschutten. In: Tages-Anzeiger, April 1994. Als pdf verfügbar.

Artikel in Zeitschriften

  • Verführen Lesben junge Sportlerinnen? Frühstück mit Barbara Brosi. In: Schweizer Illustrierte, 11. April 1994. Als pdf verfügbar.

Artikel in Community-Zeitschriften

  • Lesben-Wochen! In: Ellas ketch-up, 21. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Brosi, Barbara. Als Lesbe im Medienland. (LOS-Rundbrief 1/94). In: Frau ohne Herz, 34/1994. S. 28-29. Online verfügbar auf e-periodica, zuletzt aufgerufen am 02.12.2022.

Weitere Dokumente

  • Unterstützungsbrief der LOS an das Frauenteam. 5. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Solidaritätsbrief von Gay Sport Basel mit Frauenteam. 16. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Dankesbrief von Barbara Brosi, LOS, an die Fussballerinnen Franziska und Claudia. 25. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Dankesbrief der LOS Lesbenorganisation Schweiz an Frauenteam. 25. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Dankesbrief eines Mannes an Frauenteam. 1994. Als pdf verfügbar.
  • Aufgebot Fussballverband Region Zürich zum Gespräch. 13. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Protestbrief von DFC Alterswil/Bern an FC Wettswil-Bonstetten. 16. April 1994. Als pdf verfügbar.
  • Bericht FC Birmensdorf zur Saison 1994/95. Als pdf verfügbar.

Fernsehsendungen

  • Skandal um angeblich lesbische Fussballerinnen. Beitrag in der Sendung Quer des Schweizer Fernsehens vom 08. April 1994. Online verfügbar auf srf.ch, zuletzt aufgerufen am 02.12.2022
    • "Wie lesbisch oder nicht lesbisch": Wie Fussballerinnen in der Schweiz früher teils angefeindet wurden, zeigt ein Beitrag aus dem SRF-Archiv. In: Tages-Anzeiger, 28.06.2019. Online verfügbar auf tagesanzeiger.ch, zuletzt aufgerufen am 02.12.2022.
  • Lesben im Damenfussball: Angst vor homosexueller Ansteckung?. Sendung Der Club des Schweizer Fernsehens vom 12. April 1994. U.a. mit Barbara Brosi, Claudia Hirt, Susy Schär, Franziska Wagner. Online verfügbar auf srf.ch, zuletzt aufgerufen am 02.12.2022.
  • Das Sonntagsinterview mit Barbara Brosi. Sendung des Schweizer Fernsehens. vom 17. April 1994. Online verfügbar auf srf.ch, zuletzt aufgerufen am 02.12.2022
    • Fernsehkritik. Jenseits verstaubter Vorurteile. "Sonntagsinterview", SF DRS. Sonntag. In: Tages-Anzeiger, 18. April 1994. Als pdf verfügbar.

Pressedokumentation

Die Dokumentation "Wie ein Damen-Team sich wehrte. Die Mediengeschichte des DFC Wettswil-Bonstetten vom 8. Mai 1994" (46 S.) kann beim L-WiKi angefragt werden.

Einzelnachweise

  1. Meier, Marianne: Hürlimann, Helen. Pfeifendamen, Stauffacherinnen und Champions: Geschichte und aktueller Stand des Schweizer Frauenfussballs. In: Sobiech, Gabriele; Ochsner, Andrea (Hrsg.innen). Spielen Frauen ein anderes Spiel? Geschichte, Organisation, Repräsentationen und kulturelle Praxen im Frauenfussball. Wiesbaden, Springer Verlag, 2012. S. 33.
  2. Jahresbericht LOS 1994. Online als pdf leider nicht mehr verfügbar.