Conti-Club: Unterschied zwischen den Versionen

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"Innerhalb des Männertreffs Conti-Club gründete M in den 1960er Jahren einen Treff für homosexuelle Frauen, welcher ein Mal pro Woche statt fand." [http://www.frauenarchivostschweiz.ch/_f/publikationen/NJB-145-FrauenbewegungOstschweiz.pdf Dokument, S. 47]
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Der Treff für homosexuelle Frauen in Zürich, innerhalb des Männerclubs Conti-Club, Ende 1960er bis in die 1974
  
 
== Geschichte ==
 
== Geschichte ==
Ab 1969 trafen sich ein Mal pro Woche die Lesben im Conti-Club an der Köchlistrasse in Zürich. Initiiert wurde diese Treffen von [[Margrit Bernhard]].
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: In den 1960er Jahren (...) eröffnete sie im  «Conti-Club»  einen  Treff  für  homosexuelle  Frauen und betrieb diesen einmal pro Woche: «Am Schluss hatte ich über 90 Frauen in meiner Kartei, auch viele Frauen aus der  Ostschweiz».  Im  Club  ging  es  nicht  um  politische  Inhalte oder Öffentlichkeitsarbeit, auch wenn Alexandra sich das gewünscht hätte: «Es wurde getanzt und geschmust, ein richtiger Damenklub, und wenn sie eine gefunden hatten, gingen sie.» Da das auf die Dauer unbefriedigend war, übergab  Alexandra  die  Leitung  des  Clubs  einer  anderen Frau. <ref name="NJB145>Cabernard, Myrjam. Lesbenbewegung in der Ostschweiz – Spurensuche in der Provinz. In: Historischer Verein des Kantons St. Gallen (Hrsg.in). Neue Frauenbewegung. 145/2005. St. Gallen, 2005. S. 47. Online verfügbar auf [http://www.hvsg.ch/njb/NJB-145-FrauenbewegungOstschweiz.pdf#page=45 hvsg.ch], zuletzt aufgerufen am 28.8.2023</ref>
: In den 1960er Jahren (...) eröffnete sie im  «Conti-Club»  einen  Treff  für  homosexuelle  Frauen und betrieb diesen einmal pro Woche: «Am Schluss hatte
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ich über 90 Frauen in meiner Kartei, auch viele Frauen aus der  Ostschweiz».  Im  Club  ging  es  nicht  um  politische  Inhalte oder Öffentlichkeitsarbeit, auch wenn Alexandra sich das gewünscht hätte: «Es wurde getanzt und geschmust, ein richtiger Damenklub, und wenn sie eine gefunden hatten, gingen sie.» Da das auf die Dauer unbefriedigend war, übergab  Alexandra  die  Leitung  des  Clubs  einer  anderen Frau. <ref>[http://www.hvsg.ch/njb/NJB-145-FrauenbewegungOstschweiz.pdf#page=46 Lesbenbewegung in der Ostschweiz – Spurensuche in der Provinz], Myrjam Cabernard in: 145. Neujahrsblatt des Historischen Vereins des Kantons St. Gallens. S. 47.</ref>
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Wöchentlich scheinen die Treffen nicht stattgefunden zu haben, sondern zwei-wöchentlich. Alexandra war das Pseudonym von [[Margrit Bernhard]], die andere Frau [[Annemarie Schmutz]], welche sich ab 1970 um die Frauenabende kümmerte.
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Der Conti-Club war in der obersten Etage der Köch­li­stras­se 15 im Kreis 4 bei dem Druckerei-Unternehmen Plüss eingemietet.<ref>Ostertag, Ernst. Kollektive Leitung 1972-1974. März 2006. Online verfügbar auf [https://schwulengeschichte.ch/epochen/4-der-kreis/zugewandte-orte/conti-club-zuerich/kollektive-leitung/ schwulengeschichte.ch], zuletzt aufgerufen am 28.8.2023 </ref>
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=== Kommunikation ===
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Die Informationsschreiben von Alexandra Lorenz<ref>Zusammenstellung der Infoschreiben zu den Anfängen der Frauenabende von Alexandra Lorenz. Als [[Medium:ContiClub.pdf|pdf]] verfügbar</ref> (Margrit Bernhard):<br />
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'''2. Oktober 1969'''<br>
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In der Zwischenzeit haben mir viele von Ihnen freundliche und ermutigende Briefe geschrieben. Was aus diesen Briefen spricht, scheint mir Anlass genug zu sein, einen Klub wie den unsern zu gründen. Ich danke allen, die mich moralisch unterstützt haben.<br>
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Nach Rücksprache mit vertretern des Club 68 haben wir als Datum für unser erstes Zusammentreffen Dienstag, den 14. Oktober 1969 festgelegt. Der Club 68 stellt uns freundlicherweise ab 20.00 Uhr sein Klublokal an der Köchlistrasse 15, 2. Stock, 8004 Zürich, zur Verfügung. Ich konnte -wie Sie verstehen werden- nicht ganz auf alle Wünsche eingehen; aber Ihre Angaben haben mir doch geholfen, einen für die meisten günstigen Termin zu finden.<br>
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Wir werden die ersten persönlichen Kontakte knüpfen, und wir werden wohl auch eine Menge zu besprechen haben: die Form unseres künftigen Klubs und unser Verhältnis zum bis jetzt nur aus Männern bestehenden Club 68, die Möglichkeiten und die Gestaltung weiterer Abende; wir wollen versuchen, ob sich eine film- und literaturkritische Information und entsprechende Archive oder doch Karteien aufbauen lassen; wir sollten besprechen, ob wir eine gewisse publizistische Tätigkeit entfalten können, ob und in welcher Form wir Kontakte zu ausländischen Klubs aufnehmen wollen. Vielleicht können einige von Ihnen zu einem der Themenkreise schon konkretes Material liefern, einige haben vielleicht noch andere Diskussionsvorschläge.<br>
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Da wir ohnehin so wenige sind, bitte ich Sie, am 14. Oktober auch wirklich zu erscheinen. Ich freue mich sehr auf den Abend., auf Ihr Mitmachen und auf unsere Zusammenarbeit, und ich bleibe mit freundlichen Grüssen Alexandra Lorenz<br>
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'''23. Oktober 1969'''<br>
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Unser erster Abend verlief sehr herzlich und erfolgversprechend, und ich habe das Gefühl, dass alle, die dabei waren, wiederkommen werden.<br>
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Wir treffen uns zum zweitenmal Donnerstag, den 30. Oktober, 20.00 Uhr, wieder im Conticlub an der Köchlistrasse 15, 2. Stock, 8004 Zürich.<br>
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Wir würden uns freuen, diesmal auch diejenigen zu begrüssen, denen es unmöglich war, am ersten Treffen teilzunehmen.<br>
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Mit freundlichen Grüssen Alexandra Lorenz<br>
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'''13. November 1969'''<br>
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Unser zweiter Abend ist richtig überraschend verlaufen. Ueberrascht hat uns vor allem die grosse Zahl der unverhofft Hereingeschneiten. Wir sind in unserer Annahme bestätigt worden, dass das Bedürfnis nach einem solchen Klub doch viel grösser ist, als es nach dem Misserfolg unserer Werbekampagne im CLUB 68 schien. - Frage an die neu Hinzugekommenen: es wäre aus werbetechnischen Gründen aufschlussreich zu wissen, ob Sie unsern Anmeldebogen damals gar nicht zu Gesicht bekamen und auf welche Weise Sie später auf uns aufmerksam wurden. Wie dem auch sei: Wir freuen uns, dass Sie jetzt gekommen sind, und wir hoffen, dass im Laufe der Zeit noch viele andere hinzukommen und dass Sie alle zusammen im Frühling dem Club beitreten und offizielle Mitglieder werden.<br>
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Uebrigens: Ich habe mit dem Leiter des Conti-Clubs schon früher abgesprochen, dass wir bis zu unserer endültigen Etablierung zu Beginn des nächsten Jahres darauf verzichten, im Club alkoholische Getränke zu deponieren. Der Conti-Club verzichtet ja bis dahin grosszügig auf unsere Eintritte, und ich finde, wir könnten durch die Konsumation von Wässerchen wenigstens dafür sorgen, dass die Unkosten gedeckt werden.<br>
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Ich danke denen, die mir ihre Mitarbeit angeboten haben. Wenn der Klub wächst, werde ich bestimmt froh darüber sein. Wir haben ohnehin von Anfang an daran gedacht, einen Diskussions- und Arbeitsausschuss zusammenzustellen. Denn neben der Pflege der Geselligkeit wird es zweifellos Aufgabe unseres Klubs sein, das Selbstverständnis seiner Mitglieder zu fördern, zu versuchen, ihnen ihre Lage innerhalb der Gesellschaft durchschaubar zu machen, Erziehungsarbeit in der Bevölkerung zu leisten, um Vorurteile abzubauen, gegen Diskriminierung anzukämpfen und Verständnis zu wecken.<br>
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Ich freue mich auf unser nächstes fröhliches Zusammensein und erinnere Sie daran, dass der nächste Abend Donnerstag, den 20. November im Conti-Club stattfindet.
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Mit herzlichen Grüssen Ihre Alexandra Lorenz<br>
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'''Information zum Clubbeitritt'''<br>
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Unsere Abende im Conti-Club lassen sich so erfolgreich an, dass wir daran denken können, uns dem Club ganz zu integrieren: Mit dem neuen Jahr werden wir offizielle Klubmitglieder. Wir zahlen einen Mitgliederbeitrag von 30 Franken im Jahr, 16 Franken im halben Jahr oder 9 Franken im Quartal. Die Mitgliederkarte berechtigt zum Eintritt in den Conti-Club für 2 Franken.<br>
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Ab Januar 1970 haben nur noch Mitglieder, durch Mitglieder empfohlene Gäste und Abonnenten des "Club 68" Zutritt. Diese Einschränkung liegt in unser aller Interesse, und ich brauche sie Ihnen kaum weiter zu begründen. Abonnenten der Zeitschrift zahlen für den Abend 3, Gäste 4 Franken Eintritt. Nach dreimaligem Besuch kann der Gast Antrag auf Mitgliedschaft stellen. Uebrigens: Männer führen keine Frauen in den Club ein, Frauen keine Männer.<br>
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Wir werden am nächsten Clubabend, am Donnerstag, 11. Dezember, die ersten Mitgliederkarten ausstellen. Bitte Personalausweis mitbringen.
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Mindestalter für den Beitritt ist 20 Jahre.<br>
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Es wird bei uns aufgenommen, wer sich mit seinesgleichen unterhalten und amüsieren möchte, ohne das "Niveau", die oft unangenehme Atmosphäre und die viel grössere Gefahr der Indiskretion in öffentlichen Lokalen in Kauf nehmen zu müssen. Kriterium für Nichtaufnahme oder Ausschluss ist ungebührliches Verhalten im Club. Solange sich einer nicht illegal betätigt, geht uns sein Privatleben nichts an. Wir sind eine Gruppe in der Gesellschaft, die von den andern Toleranz erwartet. Es wäre unlogisch, wollten wir unsererseits Leuten, deren Lebenswandel uns missbeliebt, Toleranz vorenthalten.<br>
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Ein vom Conti-Club weitgehend getrenntes Unternehmen ist die Zeitschrift "C l u b 68". "Club 68" wird seinen Redaktions- und Inseratenteil 1970 auch den Frauen öffnen. Wer sich für die Mitarbeit an der Zeitschrift interessiert und sich bei mir noch nicht gemeldet hat, kann mich unter dem Zürcher Postfach erreichen.
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"Club 68" kostet in der Schweiz 45 Franken im Jahr, 25 Franken im halben Jahr, im Ausland 55 und 35 Franken. Sie abonnieren "Club 68", wenn Sie den entsprechenden Betrag an eine der folgenden Adressen einzahlen: Bank: Schweiz. Bankverein Zürich, Postscheck-Konto 80 - 456, zugunsten Konto 291.372 ("Club 68" nicht erwähnen!)<br>
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Postscheck: Club 68 Zürich, 80 - 32753.<br>
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Wer "Club 68" abonniert hat, hat ohne weiteres Zutritt zum Conti-Club. Er zahlt allerdings einen etwas höheren Eintrittspreis.<br>
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Das Abonnement von "Club 68" empfiehlt sich wohl besonders für unsere ausländischen Interessentinnen und für alle jene, die aus räumlichen oder zeitlichen Gründen nicht allzu oft im Conti-Club erscheinen können, die sich aber doch über die Belange der Homophilen informieren lassen möchten, für jene auch, deren Interessen nicht in erster Linie gesellig gelagert sind. <br>
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Bis jetzt haben wir uns nur alle drei Wochen gesehen. Für das neue Jahr habe ich mit dem Leiter des Conti-Clubs folgendes vereinbart: Die beiden Abende im Januar finden am 8. und am 22. statt. Von da an ist vorläufig jeder erste und jeder dritte Donnerstag im Monat Damenabend. Beginn jeweils 20 Uhr. Zusätzlich haben wir beschlossen: Ab Januar 1970 ist der Conti-Club jeden Mittwoch und Freitag ab 21 Uhr, jeden Sonnag von 15.30 bis 20 Uhr für Damen und Herren offen. Der Samstagabend bleibt den Herren reserviert.<br>
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Ich halte diese "gemischten Abende" für ausserordentlich wünschenswert; holländische Klubs haben zum Beispiel haben damit die besten Erfahrungen gemacht. Hoffentlich haben auch von uns recht viele Lust, den Versuch zu unterstützen und ihm zum Erfolg zu verhelfen. <br>
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Vom Januar an wird sich vor allem [[Annemarie Schmutz|Annemarie]] um das Lokal kümmern, da ich selbst nicht in Zürich wohne und deshalb die Belastung
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für mich mit der Zeit zu gross würde. Ich werde mich dafür vor allem um unsere Mitarbeit in "Club 68" kümmern.<br>
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Ich wünsche dem Club viel Erfolg und allen künftigen Besuchern viele vergnügliche Abende. Mit herzlichen Grüssen Ihre Alexandra Lorenz
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=== Publikation ===
 
In der Zeitschrift Club68 gab es ab 1971 eine Seite der Frau, zuerst [[SIE]], dann [[Lady S]].
 
In der Zeitschrift Club68 gab es ab 1971 eine Seite der Frau, zuerst [[SIE]], dann [[Lady S]].
  
== Bilder ==
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=== Das Ende ===
== Weblinks ==  
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Auf den 31. März 1974 wurden die Räumlichkeiten des Conti-Club gekündigt.<ref>Ostertag, Ernst. Kollektive Leitung 1972-1974. März 2006. Online verfügbar auf [https://schwulengeschichte.ch/epochen/4-der-kreis/zugewandte-orte/conti-club-zuerich/kollektive-leitung/ schwulengeschichte.ch], zuletzt aufgerufen am 28.8.2023 </ref>
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== Literatur ==
 
* Zum Conti-Club auf der Seite von [http://schwulengeschichte.ch/epochen/4-der-kreis/zugewandte-orte/conti-club-zuerich/?L=0 Schwulengeschichte.ch]
 
* Zum Conti-Club auf der Seite von [http://schwulengeschichte.ch/epochen/4-der-kreis/zugewandte-orte/conti-club-zuerich/?L=0 Schwulengeschichte.ch]
* [[Medium:ContiClub_Analyse.pdf|Analyse]] von [[Regula Schnurrenberger]] zur Seite der Frau in der Zeitschrift Club68 des Conti-Clubs
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* Schnurrenberger, Regula. Zeitschrift "Club 68". Online als [[Medium:ContiClub_Analyse.pdf|pdf]] verfügbar. Handschriftliche Analyse zur Seite der Frau in der Zeitschrift Club68 des Conti-Clubs.
  
== Literatur ==
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== Einzelnachweise ==
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<references />

Aktuelle Version vom 28. August 2023, 19:55 Uhr

Der Treff für homosexuelle Frauen in Zürich, innerhalb des Männerclubs Conti-Club, Ende 1960er bis in die 1974

Geschichte

In den 1960er Jahren (...) eröffnete sie im «Conti-Club» einen Treff für homosexuelle Frauen und betrieb diesen einmal pro Woche: «Am Schluss hatte ich über 90 Frauen in meiner Kartei, auch viele Frauen aus der Ostschweiz». Im Club ging es nicht um politische Inhalte oder Öffentlichkeitsarbeit, auch wenn Alexandra sich das gewünscht hätte: «Es wurde getanzt und geschmust, ein richtiger Damenklub, und wenn sie eine gefunden hatten, gingen sie.» Da das auf die Dauer unbefriedigend war, übergab Alexandra die Leitung des Clubs einer anderen Frau. [1]

Wöchentlich scheinen die Treffen nicht stattgefunden zu haben, sondern zwei-wöchentlich. Alexandra war das Pseudonym von Margrit Bernhard, die andere Frau Annemarie Schmutz, welche sich ab 1970 um die Frauenabende kümmerte.

Der Conti-Club war in der obersten Etage der Köch­li­stras­se 15 im Kreis 4 bei dem Druckerei-Unternehmen Plüss eingemietet.[2]

Kommunikation

Die Informationsschreiben von Alexandra Lorenz[3] (Margrit Bernhard):
2. Oktober 1969
In der Zwischenzeit haben mir viele von Ihnen freundliche und ermutigende Briefe geschrieben. Was aus diesen Briefen spricht, scheint mir Anlass genug zu sein, einen Klub wie den unsern zu gründen. Ich danke allen, die mich moralisch unterstützt haben.
Nach Rücksprache mit vertretern des Club 68 haben wir als Datum für unser erstes Zusammentreffen Dienstag, den 14. Oktober 1969 festgelegt. Der Club 68 stellt uns freundlicherweise ab 20.00 Uhr sein Klublokal an der Köchlistrasse 15, 2. Stock, 8004 Zürich, zur Verfügung. Ich konnte -wie Sie verstehen werden- nicht ganz auf alle Wünsche eingehen; aber Ihre Angaben haben mir doch geholfen, einen für die meisten günstigen Termin zu finden.
Wir werden die ersten persönlichen Kontakte knüpfen, und wir werden wohl auch eine Menge zu besprechen haben: die Form unseres künftigen Klubs und unser Verhältnis zum bis jetzt nur aus Männern bestehenden Club 68, die Möglichkeiten und die Gestaltung weiterer Abende; wir wollen versuchen, ob sich eine film- und literaturkritische Information und entsprechende Archive oder doch Karteien aufbauen lassen; wir sollten besprechen, ob wir eine gewisse publizistische Tätigkeit entfalten können, ob und in welcher Form wir Kontakte zu ausländischen Klubs aufnehmen wollen. Vielleicht können einige von Ihnen zu einem der Themenkreise schon konkretes Material liefern, einige haben vielleicht noch andere Diskussionsvorschläge.
Da wir ohnehin so wenige sind, bitte ich Sie, am 14. Oktober auch wirklich zu erscheinen. Ich freue mich sehr auf den Abend., auf Ihr Mitmachen und auf unsere Zusammenarbeit, und ich bleibe mit freundlichen Grüssen Alexandra Lorenz

23. Oktober 1969
Unser erster Abend verlief sehr herzlich und erfolgversprechend, und ich habe das Gefühl, dass alle, die dabei waren, wiederkommen werden.
Wir treffen uns zum zweitenmal Donnerstag, den 30. Oktober, 20.00 Uhr, wieder im Conticlub an der Köchlistrasse 15, 2. Stock, 8004 Zürich.
Wir würden uns freuen, diesmal auch diejenigen zu begrüssen, denen es unmöglich war, am ersten Treffen teilzunehmen.
Mit freundlichen Grüssen Alexandra Lorenz

13. November 1969
Unser zweiter Abend ist richtig überraschend verlaufen. Ueberrascht hat uns vor allem die grosse Zahl der unverhofft Hereingeschneiten. Wir sind in unserer Annahme bestätigt worden, dass das Bedürfnis nach einem solchen Klub doch viel grösser ist, als es nach dem Misserfolg unserer Werbekampagne im CLUB 68 schien. - Frage an die neu Hinzugekommenen: es wäre aus werbetechnischen Gründen aufschlussreich zu wissen, ob Sie unsern Anmeldebogen damals gar nicht zu Gesicht bekamen und auf welche Weise Sie später auf uns aufmerksam wurden. Wie dem auch sei: Wir freuen uns, dass Sie jetzt gekommen sind, und wir hoffen, dass im Laufe der Zeit noch viele andere hinzukommen und dass Sie alle zusammen im Frühling dem Club beitreten und offizielle Mitglieder werden.
Uebrigens: Ich habe mit dem Leiter des Conti-Clubs schon früher abgesprochen, dass wir bis zu unserer endültigen Etablierung zu Beginn des nächsten Jahres darauf verzichten, im Club alkoholische Getränke zu deponieren. Der Conti-Club verzichtet ja bis dahin grosszügig auf unsere Eintritte, und ich finde, wir könnten durch die Konsumation von Wässerchen wenigstens dafür sorgen, dass die Unkosten gedeckt werden.
Ich danke denen, die mir ihre Mitarbeit angeboten haben. Wenn der Klub wächst, werde ich bestimmt froh darüber sein. Wir haben ohnehin von Anfang an daran gedacht, einen Diskussions- und Arbeitsausschuss zusammenzustellen. Denn neben der Pflege der Geselligkeit wird es zweifellos Aufgabe unseres Klubs sein, das Selbstverständnis seiner Mitglieder zu fördern, zu versuchen, ihnen ihre Lage innerhalb der Gesellschaft durchschaubar zu machen, Erziehungsarbeit in der Bevölkerung zu leisten, um Vorurteile abzubauen, gegen Diskriminierung anzukämpfen und Verständnis zu wecken.
Ich freue mich auf unser nächstes fröhliches Zusammensein und erinnere Sie daran, dass der nächste Abend Donnerstag, den 20. November im Conti-Club stattfindet. Mit herzlichen Grüssen Ihre Alexandra Lorenz

Information zum Clubbeitritt
Unsere Abende im Conti-Club lassen sich so erfolgreich an, dass wir daran denken können, uns dem Club ganz zu integrieren: Mit dem neuen Jahr werden wir offizielle Klubmitglieder. Wir zahlen einen Mitgliederbeitrag von 30 Franken im Jahr, 16 Franken im halben Jahr oder 9 Franken im Quartal. Die Mitgliederkarte berechtigt zum Eintritt in den Conti-Club für 2 Franken.
Ab Januar 1970 haben nur noch Mitglieder, durch Mitglieder empfohlene Gäste und Abonnenten des "Club 68" Zutritt. Diese Einschränkung liegt in unser aller Interesse, und ich brauche sie Ihnen kaum weiter zu begründen. Abonnenten der Zeitschrift zahlen für den Abend 3, Gäste 4 Franken Eintritt. Nach dreimaligem Besuch kann der Gast Antrag auf Mitgliedschaft stellen. Uebrigens: Männer führen keine Frauen in den Club ein, Frauen keine Männer.
Wir werden am nächsten Clubabend, am Donnerstag, 11. Dezember, die ersten Mitgliederkarten ausstellen. Bitte Personalausweis mitbringen. Mindestalter für den Beitritt ist 20 Jahre.
Es wird bei uns aufgenommen, wer sich mit seinesgleichen unterhalten und amüsieren möchte, ohne das "Niveau", die oft unangenehme Atmosphäre und die viel grössere Gefahr der Indiskretion in öffentlichen Lokalen in Kauf nehmen zu müssen. Kriterium für Nichtaufnahme oder Ausschluss ist ungebührliches Verhalten im Club. Solange sich einer nicht illegal betätigt, geht uns sein Privatleben nichts an. Wir sind eine Gruppe in der Gesellschaft, die von den andern Toleranz erwartet. Es wäre unlogisch, wollten wir unsererseits Leuten, deren Lebenswandel uns missbeliebt, Toleranz vorenthalten.
Ein vom Conti-Club weitgehend getrenntes Unternehmen ist die Zeitschrift "C l u b 68". "Club 68" wird seinen Redaktions- und Inseratenteil 1970 auch den Frauen öffnen. Wer sich für die Mitarbeit an der Zeitschrift interessiert und sich bei mir noch nicht gemeldet hat, kann mich unter dem Zürcher Postfach erreichen. "Club 68" kostet in der Schweiz 45 Franken im Jahr, 25 Franken im halben Jahr, im Ausland 55 und 35 Franken. Sie abonnieren "Club 68", wenn Sie den entsprechenden Betrag an eine der folgenden Adressen einzahlen: Bank: Schweiz. Bankverein Zürich, Postscheck-Konto 80 - 456, zugunsten Konto 291.372 ("Club 68" nicht erwähnen!)
Postscheck: Club 68 Zürich, 80 - 32753.
Wer "Club 68" abonniert hat, hat ohne weiteres Zutritt zum Conti-Club. Er zahlt allerdings einen etwas höheren Eintrittspreis.
Das Abonnement von "Club 68" empfiehlt sich wohl besonders für unsere ausländischen Interessentinnen und für alle jene, die aus räumlichen oder zeitlichen Gründen nicht allzu oft im Conti-Club erscheinen können, die sich aber doch über die Belange der Homophilen informieren lassen möchten, für jene auch, deren Interessen nicht in erster Linie gesellig gelagert sind.
Bis jetzt haben wir uns nur alle drei Wochen gesehen. Für das neue Jahr habe ich mit dem Leiter des Conti-Clubs folgendes vereinbart: Die beiden Abende im Januar finden am 8. und am 22. statt. Von da an ist vorläufig jeder erste und jeder dritte Donnerstag im Monat Damenabend. Beginn jeweils 20 Uhr. Zusätzlich haben wir beschlossen: Ab Januar 1970 ist der Conti-Club jeden Mittwoch und Freitag ab 21 Uhr, jeden Sonnag von 15.30 bis 20 Uhr für Damen und Herren offen. Der Samstagabend bleibt den Herren reserviert.
Ich halte diese "gemischten Abende" für ausserordentlich wünschenswert; holländische Klubs haben zum Beispiel haben damit die besten Erfahrungen gemacht. Hoffentlich haben auch von uns recht viele Lust, den Versuch zu unterstützen und ihm zum Erfolg zu verhelfen.
Vom Januar an wird sich vor allem Annemarie um das Lokal kümmern, da ich selbst nicht in Zürich wohne und deshalb die Belastung für mich mit der Zeit zu gross würde. Ich werde mich dafür vor allem um unsere Mitarbeit in "Club 68" kümmern.
Ich wünsche dem Club viel Erfolg und allen künftigen Besuchern viele vergnügliche Abende. Mit herzlichen Grüssen Ihre Alexandra Lorenz

Publikation

In der Zeitschrift Club68 gab es ab 1971 eine Seite der Frau, zuerst SIE, dann Lady S.

Das Ende

Auf den 31. März 1974 wurden die Räumlichkeiten des Conti-Club gekündigt.[4]

Literatur

  • Zum Conti-Club auf der Seite von Schwulengeschichte.ch
  • Schnurrenberger, Regula. Zeitschrift "Club 68". Online als pdf verfügbar. Handschriftliche Analyse zur Seite der Frau in der Zeitschrift Club68 des Conti-Clubs.

Einzelnachweise

  1. Cabernard, Myrjam. Lesbenbewegung in der Ostschweiz – Spurensuche in der Provinz. In: Historischer Verein des Kantons St. Gallen (Hrsg.in). Neue Frauenbewegung. 145/2005. St. Gallen, 2005. S. 47. Online verfügbar auf hvsg.ch, zuletzt aufgerufen am 28.8.2023
  2. Ostertag, Ernst. Kollektive Leitung 1972-1974. März 2006. Online verfügbar auf schwulengeschichte.ch, zuletzt aufgerufen am 28.8.2023
  3. Zusammenstellung der Infoschreiben zu den Anfängen der Frauenabende von Alexandra Lorenz. Als pdf verfügbar
  4. Ostertag, Ernst. Kollektive Leitung 1972-1974. März 2006. Online verfügbar auf schwulengeschichte.ch, zuletzt aufgerufen am 28.8.2023