Handwerkerinnenladen

Der Handwerkerinnenladen von Liliane Späth und Rosmarie Baumgartner bis 28. Februar 2017

Geschichte

Beide Frauen wollten schon immer selbständigerwerbend sein. Es war ein Zufall, der sie dem Ziel näher brachte: In dieser Zeit wurde das Anwaltskollektiv gegründet, die Büros mussten aber zuerst renoviert werden. Eine Juristin aus dem Kollektiv erinnerte sich, dass Rosmarie ihr Zimmer in der WG selbst gestrichen hatte. Sie bat Rosmarie, ihr Büro zu streichen, und so kam es, dass Rosmarie schliesslich praktisch alle Büros strich. Als noch ein Teppich verlegt werden musste, sprang Liliane ein, die dies von ihrer Lehre her konnte. Im Anschluss an diese Arbeiten erzählte ihnen eine Anwältin, dass in Amerika immer mehr Frauenprojekte realisiert würden. Sie fragte die beiden, warum sie sich eigentlich nicht als Handwerkerinnen selbständig machten. Rosmarie und Liliane überlegten sich dies kurz und fanden, warum eigentlich nicht. Sie entwarfen ein Flugblatt, worin sie alles vom Zügeln übers Putzen bis hin zu Übersetzungen anboten. Ein Telefonbeantworter, was 1978 eine absolute Neuheit war, wurde angeschafft, ein VW-Bus gekauft, damit die Transporte unabhängig abgewickelt werden konnten. Und ihr Angebot schlug bis aufs Übersetzen sofort ein.[1]

Die Handwerkerinnen verwalteten auch die Adressdatei der Abonnentinnen der Lesbenfront bzw. Frau ohne Herz, verpackten die Zeitschriften und brachten sie zur Post. Mit dem Kleinbus des Handwerkerinnenladens fuhren sie jeweils nach Deutschland, um die Zeitschrift für die Deutschen Abonnentinnen zu versenden. So konnten Portogebühren gespart werden.

Für die Zeitschrift "Frauenfragen" der eidgenössischen Frauenkommission sprach Madeleine Marti 1997 mit ihnen über ihr gemeinsames Leben als Geschäftsinhaberinnen und Liebespaar. "Wären Liliane und Rosmarie heute verheiratet, wenn eine Heirat für zwei Lesben möglich wäre? Ja; Die Heirat bringt so viele rechtiiche Vorteile, wenn zwei Frauen gemeinsam ein Geschäft haben, dass sie sicher geheiratet hätten. Darüber sind sich die beiden einig, ebenso einig wie darüber, dass sie die Ehe als Form ablehnen. Dies betont Liliane gleich im zweiten Satz, währenddem Rosmarie zustimmend nickt." Um sich gegenseitig abzusichern, wollten sie mit den Eltern Erbverzichtsverträge zugunsten ihrer Partnerin machen. "Auf jeden Fall schwingen beim Thema Erbverzichtsvertrag eher Tod und Trauer mit als Freude am Leben. Mit der Heirat ist bei Heterosexuellen Freude und Stolz verbunden, für einige ist es das wichtigste Fest im Leben." Am Schluss bilanzieren sie: "Auf die Frage, ob sie noch eine Liebesbeziehung hätten, wenn sie nicht über das gemeinsame Geschäft verbunden wären, stimmen sie miteinander darin überein, dass sie sich wegen des Geschäftes immer wieder zusammengerauft hätten. Wegen Geld, auch wenn wenig vorhanden gewesen sei, hätten sie jedoch nie Auseinandersetzungen gehabt. In geschäftlichen Angelegenheiten stimmen sie überein auch wenn privat ab und zu die Fetzen fliegen." [2]

Bilder

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Grieder, Käthi; Saxer, Susi. Eigentlich wollten Sie eine Frauenbeiz. In: Frau ohne Herz, 35/1995, S. 24-25. Online verfügbar auf e-periodica.org, zuletzt aufgerufen am 7.8.2023
  2. Marti, Madeleine. Liliane und Rosmarie. In: F - Frauenfragen / Questions au féminin / Problemi al Femminile, 2-3/97, S. 62-63. Online als pdf verfügbar auf ekf.admin.ch, zuletzt aufgerufen am 8.8.2023