Junge Lesben im Gespräch

Aus Das Wiki zur Lesbengeschichte der Schweiz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Uns gibt es! Fernsehsendung aufgezeichnet im Frauenzimmer Basel bei der LIBS und ausgestrahlt am 27. Mai 1989 im Rahmen des Magazins „Seismo“

Hinweis in der Zoom-Agenda, Heft 10, 1989

Inhalt

„In einem ausgedehnten Interview wurden dabei folgende Themen angesprochen: - der Weg zu einer lesbischen Identität, - das Verhältnis zu den Eltern und dem Bekanntenkreis - „offene“ oder „getarnte“ Lesbe sein am Arbeitsplatz - soziales und politisches Engagement als Folge des Lesbisch-Seins.
Das Fernsehteam und die Frauen, die mitgemacht haben, bezweckten mit dieser Sendung, einem gemischten Publikum Aufklärung aus erster Hand zu bieten, d.h. durch lesbische Frauen selbst und so bestehende Vorurteile, Fehlvorstellungen und vor allem dem akuten Mangel an Information und Konfrontation mit diesem Thema entgegenzuwirken. Zudem sollte denjenigen Frauen Mut gemacht werden, die bisher keinen Kontakt zu anderen finden konnten und mit ihrer Identitätsfrage alleine stehen. Für sie und andere Interessierte kann dann beim Fernsehen auch das begleitende Adressblatt bestellt werden.
Die Aufzeichnung der Sendung hat trotz Nervenkitzel alles sehr viel Spass gemacht, besonders weil die Frauen vom Fernsehen diese Sendung gegen massiven Widerstand innerhalb des Fernsehens DRS durchgesetzt haben - den Patriarchen hat nämlich weder das Thema noch die Frechheit der TV-Frauen gepasst, in ihrem Team keine Männer zu dulden.
Dass eine Sendung über lesbische Frauen bei uns über den Bildschirm flimmerte ist natürlich ein Grund zur Freude, allerdings verdanken wir diese Tatsache den mutigen Frauen im DRS-Team und der Bereitschaft von über 30 lesbischen Frauen, sich filmen zu lassen. Auf die Reaktionen des Publikums darf Frau ja gespannt sein.“[1]

Hintergrund

Die erste Sendung über Lesben wurde bei der LIBS am 21. März 1989 im Frauenzimmer Basel aufgezeichnet. Sechs Interviewpartnerinnen und 25 „Statistinnen“ waren vor Ort.[2] Das Gespräch mit den Interviewpartnerinnen (u.a. Sibylle Dorn, führte Regula Bochsler.

Rezension

Samstags wartet das Fernsehen DRS in der Regel mit einem eher beschaulichen bis einschläfernden Abendprogramm auf. Für eine Ausnahme sorgte jedoch das Magazin Seismo am 27. Mai: Unter dem Titel "Junge Lesben im Gespräch" ist zum ersten Mal im Schweizer Fernsehen ein Beitrag zu sehen, der sich eingehend mit der Lebenssituation lesbischer Frauen befasst. Bei der Aufzeichnung dieser Sendung im Basler Frauenzimmer haben rund dreissig lesbische Frauen mitgewirkt, und ihr so ein persönliches Gesicht verliehen. Sie und das Frauen-Team des Fernsehen DRS haben sich zum Ziel gesetzt, einem gemischten Publikum für einmal Aufklärung aus erster Hand zu bieten, also durch Lesben selbst, und nicht etwa durch dem Patriarchat gefälliger PsychiaterInnen oder sonstigen selbsternannten Sachverständige, deren Inkompetenz und berufsbedingte Befangenheit bislang vor allem Schaden angerichtet haben.
In einem ausführlichen Interview äussern sich sechs junge Frauen dazu, wie sie ihren Weg zu einer lesbischen Identität gefunden haben und wie sich diese im Verhältnis zu Eltern und Bekanntenkreis auswirkt. Diskussionsstoff bot die Frage, ob und wie Lesbisch-sein am Arbeitsplatz sichtbar sein soll, und welche Formen von Diskriminierung eine Lesbe allenfalls zu gewärtigen hat. Leider schenkten Moderatorin und Diskutierende der Notwendigkeit eines sozialen und politischen Engagements in der Lesbenbewegung zum Schluss des Gesprächs nur noch kurz Aufmerksamkeit. Dass lesbische Emanzipationsarbeit aber unbedingt geleistet werden muss, machten Äusserungen von PassantInnen deutlich, die während des Interviews auf Tonband abgespielt wurden. Das Ausmass an Vorurteilen und unbegründetem Hass gegenüber Lesben ist erschreckend, und lässt auf einen nahezu vollständigen Mangel an Information und Konfrontation mit diesem Thema schliessen. Gerade deshalb darf keine lesbische Frau sprachlos bleiben, wenn sie sich nicht am Totschweigen und Ignorieren ihrer Existenz beteiligen will.
Auf wieviel Widerstand Lesben und ihre SympathisantInnen in unserer mannzentrierten Gesellschaft stossen, haben die Frauen des DRS-Teams schon innerhalb des Fernsehens selbst erfahren: Ursprünglich planten die TV-Patriarchen sowieso nur eine Sendung über Schwule und rümpften bem Thema Lesben die Nase. Die DRS-Frauen haben sich aber durchgesetzt und gleich auch noch die Frechheit besessen, in ihrem Team keine Männer zu dulden. Der Zusammenhang zwischen Frauenbewegung und Lesbenemanzipation hat endlich einmal zugunsten der Lesben seinen Niederschlag gefunden. Eva Gerster (Quelle unklar; Zusendung von Peter Thommen, aracados, Basel) 

Bilder

Einzelnachweise

  1. FraZ Nr. 30, 1989, S. 42
  2. FraZ, Nr. 20 1989, S. 42