Simone Wicki ca. 1997

Zeichnerin und Malerin. Performance und Installation. Dekorateurin. *19. Juli 1955 - †17. September 1997

Biografie

Geboren am 19.7.1955 in Luzern, gestorben an Herzversagen am 17.9.1997 in Rüti. Bekannt auch als Simone Ch. Wicki, wobei das Ch. für Christine steht.
Sie arbeitete ab ca. 1977 in Zürich, besuchte die F+F Schule und hatte ab 1992 ein eigenes Atelier im Glarner Hinterland.

Abschiedstext in der die

Verfasst von Freundinnen von Simone

In der letzten Ausgabe der diee der Bildbeitrag von Simone Ch. Wicki mit Einführung und Porträt von ihr. Simone blickt aus dem Heft, die Hände gegen die Wangenknochen gestützt, ihr Blick ist klar, das Gesicht ernst, ohne einen bestimmten Ausdruck zu haben, sie ist einfach, ohne der Fotografin, der Welt, durch diese Aufnahme etwas sagen oder manifestieren zu wollen. Sie ist bei sich, wach, ruhig. Ich drehe das Heft um, ertrage den Blick der Fotografie nicht.
Simone Christina Wicki ist in den frühsten Morgenstunden des 18. September bei sich zu Hause gestorben.
Diesen Satz zu schreiben lässt eine bisher unbekannte Art leichter Übelkeit in mir aufsteigen. Dass der Satz wahr ist, weiss ich. Real scheint seine Aussage trotzdem nicht. Und eine Antwort auf die unvermeidliche Frage «Warum?» bleibt aus. Simones Herz hat ausgesetzt. Grundlos, ohne schnell und klar feststellbaren äusseren Anlass. Keine Krankheit, kein Leid hat sie dahingerafft. Simone ist am Tod gestorben. Mit knappen 42 Jahren; glücklieh in der Beziehung, am Planen und Arbeiten für weitere Projekte, Ausstellungen. Am Träumen übers ideale Wohnen und Arbeiten im Glarnerland, wo sie seit 1992 zu leben begönnen hatte. Beim Vorbeifahren auf dem Weg nach Zürich zur Lohnarbeit im Plakatladen, auf dem Heimweg das Wunschatelier sehen. Sich in Haslen niederlassen mit ihrer Frau, Erika. Träumen vom Wohnen mit der Liebsten und der Arbeit, der Kunst, dem Atelier am selben Ort, getrennt nur durch Wände, Türen, die nach Bedarf zugemacht werden können, aufgemacht werden. Immer mehr intime Dinge aus dem ehemaligen Wohnatelier in Rüti ins neue Zuhause zügeln. Die liebsten Kleider. Die Schuhe, ohne deren sichtbare Präsenz etwas gefehlt hätte, schon dort, in Haslen, wo ein Garten ist, in dem sie pflanzte, jätete, goss, in den sie am Morgen trat, zum Gähnen und Sich-Strecken, vor dem ersten Kaffee und der Diskussion übers Abendessen, die seit Jahren vertraut war, aber unbeliebt bei Freundinnen, notwendig und spannend für sie, Simone. Essen. Geborgenheit. Liebe so zuerst erfahren. Mindestens einmal pro Tag eine warme Mahlzeit. Wärme, die sich durchzog von der Kindheit, das einzige vielleicht, manchmal, das Grundlegende. Nahrung. Neue Outfits für den Christopher Street Day erfinden, für Parties. Immer ein Schrittchen mehr in der schnöden Kunstwelt Einzug halten. Anerkennung ausserhalb des Freundinnenkreises. Die erste grosse Einzelausstellung in Aussicht. Weiter weiter weiter. Ein bisschen Müdigkeit auch, ab und zu. Aber immer neue Objekte, Abkehr von Bildern, «nur» Gemaltem. Moos und verschmortes Plastik ein geschlossenes System in Stein eingelassene Plastikröhren in denen Flüssigkeit zirkuliert. Haare und Steine und Wasser. Begeisterung an neuen Ideen, Genauigkeit, Perfektionismus und Perseverance. Und zum Thema «Die Farbe Schwarz»; ein schwarzes Loch. Und jetzt nichts mehr. Es ist nicht einmal Schweigen.
Cut.
Abschied. Von Simone. Ihrem Lachen. Ihrer Arbeit. Sogar Genörgel kann vermisst werden.
Abschied. Von ihrem Anblick. Ihrem Lieben. Ihrem Tanzen. Von allem. Von ihr. Abschied.[1]

Aktivitäten

  • Simone Wicki lieferte das Bildmaterial im Film "Vermisst: I. Merx, Privat Detektivin" von Dagmar Heinrich.[2]
  • Bildbeitrag in der die, 5/1997, S. 9-11
  • Diskussionsrunde am 16. Juli 1994 u.a. zusammen mit Muda Mathis zur Halbzeit des schwul-lesbischen Kulturfestivals "Stonewall": "Den Konnex zwischen «Homosexualität und Kunst» diskutieren im Kunsthaus öffentlich und teils aus eigener Erfahrung u. a. die Künstlerinnen Simone Wicki und Muda Mathis" [3]

1996 wurde sie in die GSBK (Gesellschaft Schweizerischer Bildender Künstlerinnen) aufgenommen. "Beobachtungen zum Frauenbild macht Simone Christina Wicki anhand des Motivs "Rock". Ihre "Röcke" kommen als ordentlich gezöpfeltes Pferdehaar, als künstliche Rasenschablone oder stacheliges Nagelkleid daher. [4]

Ausstellungen

  • Gruppenausstellung "In den Raum gestellt, oder. Dreidimensionale Werke der 90er Jahre." im Helmhaus Zürich. bis 19.10.1997
  • Ausstellung im Frauen Kunst Forum in Bern: "Weibliche Brustwarzen zum Beispiel, wie Simone Ch. Wicki sie von vierzig verschiedenen Frauen abgedrückt und in Silikon gegossen hat, lösen als paarweise angeordnete Objekte auf grünem Chintz ambivalente Gefühle aus: Wir nehmen die Entfremdung als Entmythologisierung einer erogenen Zone wahr und wehren uns instinktiv dagegen. Auch auf dem «Milchkanal», einer mehrfach gebogenen Eternitröhre, gelingt Wickis kühne Spielerei: Die von Natur als sinnvolle Nahrungsspender vorgesehenen Nippel verkommen im künstlichen Dutzend zu nutzlosen und lästig wuchernden Papeln. Neben der ungewöhnlichen Verbindung organischer, pflanzlicher und tierischer Materialien ist die Widersprüchlichkeit eines der auffallendsten Merkmale aller Arbeiten von Simone Ch. Wicki." [5]
  • Berge, Tiere, Licht - Ausstellungen von Simone Ch. Wicki und von Roland Herzog im Kunsthaus Glarus: "Einen geschlossenen, intimen Eindruck macht Simone Ch.Wickis Ausstellungsraum im Obergeschoss. Hier sind es die Inhalte, die über den Ort des Museums hinausweisen. Die Ölbilder von ineinander verharktem, blattlosem Gehölz. Die Felsbrocken in ihren anthropomorphen Formen. Die gewaltsamen Einschläge und Ausbrüche auf diesen kleinen, düster-phantastischen Landschaftszeichnungen. Landschaft wird hier verstanden als Metapher für Physisches. Zwei riesige Geröllbrocken entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als kämpfende - oder sich liebende? - Stiere. Unentscheidbar, ob sie aufeinander losgehen oder sich liebkosen. Und das alles auf Papier, das die Farbe eigentlich gar nicht annehmen will, das sie zurückstösst und abperlen lässt auf der wächsernen Oberfläche. Dieses Ringen mit sich selbst und mit den anderen und dieses Lieben muss für das Leben einer Künstlerin typisch gewesen sein, die vor einem knappen Jahr völlig überraschend im Alter von 42 Jahren gestorben ist. Das enge Glarnertal hat sie, die durchaus auch eine Städterin war, zu ihrer Wahlheimat gemacht. Dieses Tal der schroffen Gegensätze, der schnellen Wetterwechsel. Es zeichnet sich ab im Werk einer Frau, die das Rauhe und das Zarte extensiv gelebt hat. [6]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. die, 6/1997. S. 10
  2. die, 17/2000 S. 18
  3. NZZ, 14. Juli 1994
  4. Tages-Anzeiger, 25.2.1997
  5. Der Bund, 14. Januar 1997
  6. Tages-Anzeiger, 14. August 1998